Vor meiner Schwangerschaft war ich mir fast zu 100 % sicher, dass das Stillen nichts für mich ist.
Um ehrlich zu sein (jetzt fall nicht über mich her bis zum Ende lesen!) fand ich, dass Stillen eine sehr merkwürdig Angelegenheit ist. Eine sehr, sehr merkwürdige Angelegenheit. Da saugt ein Baby, mein Baby, an meiner Brust und wird davon auch noch satt. Das ist nichts für mich.
Dachte ich.
So um den sechsten Monat Schwanger, waren meine Gefühle gespalten. Auf der einen Seite fand ich es immer noch merkwürdig und die Horrorgeschichten von zu mitteilungsbedürftigen Müttern um mich herum, wie schmerzhaft Stillen doch sein kann, haben auch nicht wirklich geholfen. Auf der anderen Seite hab ich unendlich viele Artikel gelesen wie gut das Stillen dem Baby tut.
Und da waren noch die kleinen Tritte und Drehungen von meiner Kleinen im Bauch. Dieses wunderschöne Gefühl der Verbundenheit von Mama und Tochter. Meine kleine Mitbewohnerin die ich unbedingt im Arm halten wollte.
Also hab ich mir gedacht gut ich kann ja drei Monate stillen.
Umso weiter es mit der Schwangerschaft ging umso mehr hab ich mich an den Gedanken des Stillens gewöhnt und mich sogar darauf gefreut. Als sie dann endlich da war hab ich mir gedacht sechs Monate stillen ist perfekt, aber keinen Tag länger. Mein Gedankengang war eigentlich ganz einfach. Ich dachte mir, mit sechs Monaten kann sie schon anfangen Beikost zu essen. Und in der einen Hand ein „Steak„ in der anderen die Brust, kam mir absurd vor. Dann dachte ich, dass man zurück in die alte Rolle seines Lebens muss. Mal ein Glas Wein, meine geliebten Zigaretten, mal ausgehen. Denn solange man stillt, geht das ja alles nicht. Tja alles was ich mir so gedacht habe war für die Katz … Denn als ich sie erst einmal im Arm hatte war es vollkommen um mich geschehen. Und natürlich habe ich Emma 17 voll Monate gestillt. Bis zu dem Tag an dem sie mit der Flasche zu mir gekommen ist und Mil! gerufen hat. Und über Gedanken wie in meine alte Rolle zurück finden kann ich nur noch Lächeln. Na klar will ich wieder mal einen schönen Abend alleine mit meinem Mann verbringen, oder auch mal alleine mit Freunden ausgehen. Aber mein altes Leben, mein „vor Mama Leben“ vermisse ich nicht, es ist genau wie wenn man die Schulzeit vermisst. Eine wunderschöne Erinnerung die einen (hoffentlich) perfekt auf das neue aufregende Leben vorbereitet hat.
Stillen, das erste Mal
Da Emma leider die ersten 16 Tage auf der Intensivstation verbracht hat, musste ich die Milch alle drei Stunden abpumpen. Nach 16 qualvollen, unendlichen Tagen und Nächten, durfte ich sie dann endlich auf den Arm nehmen und zum ersten Mal stillen.
Ich hatte so eine Angst vor diesem Moment. Ob es klappt, ob genug Milch rauskommt, ob sie satt wird, ob ich sie richtig halte…
Als die Hebamme sie mir dann endlich in den Arm gelegt hat, ist die Zeit stehen geblieben und gleichzeitig in Höchstgeschwindigkeit an mir vorbeigerauscht. Es hat geklappt. Auf Anhieb. Dieses winzig kleine, wunderschöne Bündel Leben lag in meinen Armen und hat getrunken. Es hat nicht weh getan, es war nicht merkwürdige es war ein Moment der absoluten Stille. Ich war alleine mit meiner Tochter auf der Welt.
Alles um mich herum war friedlich. Wir waren auf unserer eigenen rosa Wolke.
Das erste Mal zu Hause, ohne Hebamme
Als wir endlich zu Hause waren, wurde es schon grusliger. Denn auf einmal war da keiner mehr der das Köpfchen in eine bessere Lage gerückt hat, aufgepasst hat das die Nasenflügel frei sind, oder mir gesagt, hat okay Brust wechseln.
Aufgeregt und ein bisschen nervös, stell ich mir also alles in meine kleine Stilloase bereit. Eine Uhr, denn man soll ja 15 Minuten an der einen, 10 Minuten an der anderen Brust stillen, ein Wecker der mich alle drei Stunden panisch daran erinnern soll, dass das Kind wieder gestillt werden muss, ein Spucktuch und so weiter und so weiter.
Ich hatte sie zuletzt um 17:00 Uhr im Krankenhaus gestillt. Um 20:00 lag sie ganz friedlich in meinen Armen. Obwohl sie kein Anzeichen von Hunger hatte hab ich sie an die Brust gelegt. Es waren ja drei Stunden um. Mein kleiner Schatz war vollkommene desinteressiert. Nervös legte ich sie trotzdem 15 Minuten an die eine Seite und zehn Minuten an die andere Seite. Es klappte nicht. Ich war so nervös und enttäuscht von mir selber. Ich dachte Gott es kam mir so einfach im Krankenhaus vor! Ich war mir sicher, ich kann das mit dem Mamasein nicht. Als ich sie dann auch noch um 23:00 aufgeweckt habe um sie zu stillen hat sie so doll geweint das ich dachte ich wäre sie schlimmste Mama der Welt. Um die Geschichte kurz zu machen unsere ersten Still versuche haben damit geendet, das Emma und ich um die Wette geweint haben.
Da dachte ich mir so geht das nicht. Wenn sie Hunger hat, wird sie sich schon bemerkbar machen! Und siehe da, sobald ich aufgehört habe nach „Vorschriften„ zu stillen, hat alles wunderbar geklappt! Nach nur ein paar Tagen waren Emma und ich ein perfekt eingespieltes Team. Die wunderschöne Stilloase haben wir genau einmal benutzt. Wir haben gestillt, wo wir gerade Lust hatten.
Das erste Mal in der Öffentlichkeit stillen
Ich wusste gar nicht wie prüde ich bin! Das war mir sooooooo peinlich! Ich weiß gar nicht warum. Wenn ich stillende Frauen gesehen habe, fand ich das immer das normalste der Welt. So normal, dass ich nie darüber nachgedacht habe.
Das erste Mal als Emma mit 6 Wochen, draußen einen Hunger-Schreianfall bekommen hat, bin ich mit hochrotem Kopf voller schlechtem Gewissen ganz schnell nach Hause gegangen und kam mir, na klar wie die Rabenmutter schlechthin vor. Ich glaub ich hab heute noch ein schlechtes Gewissen. Das zweite Mal, war Gott sei Dank mein Mann dabei. Der meinte nur, wenn jemand doof gucken sollte, soll er doch! Mein Gott jeder Mensch isst! Was ist denn daran bitte komisch? Also habe ich mich, zwar immer noch mit hochrotem Kopf, hinter meinem Stilltuch versteckt und Emma gestillt. Sobald sie an der Brust war, hat sie na klar aufgehört zu schreien. Ich glaube es hat niemand mitbekommen, dass ich gestillt habe. Das war alles viel dramatischer in meinem Kopf! Seit diesem Tag an habe ich immer und überall gestillt, ganz nach ihrem Hunger und ihren Bedürfnissen. Selbst in mini- kleinen Tavernen in griechischen Bergdörfern. Und weißt Du was? Ich wurde nie komisch angeguckt. Ich bin zwar immer noch nicht der Typ, der sich mitten ins Kaffee setzt und da einfach die Brust rausholt, aber hinter meinem Stilltuch in einer ruhigen Ecke, am besten mit dem Rücken zu den Leuten, ist für mich jedes Plätzchen der Erde, das ideale Stillplätzchen.
Stillen hat mir das Leben so unheimlich vereinfacht!
Mir war es schon fast peinlich, wenn mir die Leute gesagt haben was für eine tolle Mama ich doch bin weil ich noch stille. Die Wahrheit ist, ich habe so lange gestillt, weil es einfach praktisch ist. Na klar ist es ein absoluter Bonus, dass es für sie super gesund ist, aber der Hauptgrund ist, es ist einfach SUPER einfach. Hunger? Brust. Weh getan? Brust. Kleines Zörnchen? Brust. Müde? Brust. Entspannung? Brust. Mit dem Stillen konnte ich sie innerhalb von Sekunden beruhigen. Egal wo. Ich brauchte keine Milch mit mir rumtragen, kaum Flaschen sterilisieren, und das wichtigste mir konnte die Milch nie ausgehen. Ich hatte immer warme, perfekt temperierte Milch bei mir. Sie abends ins Bett zu bringen war super einfach. Wir haben uns ins Familienbett gelegt, ich habe sie gestillt und sie ist eingeschlafen. Einfacher ging es eigentlich nicht. Jetzt wo ich abgestillt habe, bzw. Sie mich vor vollendete Tatsachen gestellt hat und beschlossen hat sie ist jetzt zu groß zum stillen, ist es schon komplizierter sie zu beruhigen oder sie ins Bett zu bringen!
Nun muss ich allerdings dazu sagen, dass mir das Stillen super leicht gefallen ist. Es hat mir nie weh getan. Ganz im Gegenteil, wenn meine Brüste voller Milch waren, war es eine absolute Erleichterung wenn sie endlich gestillt hat. Selbst als sie Zähne hatte, was ich mir dann doch als schmerzhaft vorgestellt habe, ging das Stillen problemlos und vor allem schmerzfrei.
Also, wenn Du mich (jetzt) fragst stillen Ja oder Nein würde ich immer mit Ja antworten. Es ist einfach eine wunderschöne Zeit für Mama und Kind.
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